Onkologie-Vereinbarung abrechnen
Ziel der Onkologie-Vereinbarung (Anlage 7 zum Bundesmantelvertrag-Ärzte) ist die Förderung einer qualifizierten ambulanten Behandlung krebskranker Patientinnen und Patienten in der vertragsärztlichen Versorgung. Teilnehmende Ärztinnen und Ärzte stellen damit sicher, dass in der vertragsärztlichen onkologischen Versorgung eine Alternative zur stationären Behandlung gegeben ist.
Zur Erstattung des besonderen Aufwandes, welcher durch die onkologische Betreuung der Patientinnen und Patienten anfällt, können onkologisch qualifizierte Ärztinnen und Ärzte zusätzliche Kostenpauschalen abrechnen.
Die Bewertung der Kostenpauschalen erfolgt regional nach dem in Anhang 2 Teil B der Vereinbarung beschriebenen Verfahren. Sie können sie im Katalog der Hessenspezifische Gebührenordnungspositionen (GOP) einsehen.
Umfang der Vereinbarung beachten
Ärztinnen und Ärzte können folgende Leistungen nicht über die Vereinbarung abrechnen:
Eine in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung durchgeführte Nachsorge bei behandelten Patientinnen und Patienten,
- die krebskrank waren, oder
- die eine adjuvante Therapie mit endokrin wirksamen Medikamenten (ATC Klasse L02 - Endokrine Therapie) erhalten, wenn keine weiteren tumorspezifischen Medikamente verabreicht werden und/oder
- die Medikamente zur Behandlung von Knochenerkrankungen (ATC-Klasse M05) erhalten, wenn keine weiteren tumorspezifischen Medikamente verabreicht werden.
Klargestellt: Ärztinnen und Ärzte können im Rahmen der Nachsorge keine adjuvanten Therapien mit endokrin wirksamen Medikamenten als auch, sofern keine weiteren beziehungsweise anderen tumorspezifischen Medikamente verabreicht werden, Therapien mit Medikamenten zur Behandlung von Knochenerkrankungen abrechnen.
Leistungen überblicken
GOP | Kurzbeschreibung | Häufigkeit | Bewertung |
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86510 | Behandlung florider Hämoblastosen entsprechend § 1 Abs. 2 d und e gemäß Vereinbarung über die qualifizierte ambulante Versorgung krebskranker Patienten „Onkologie-Vereinbarung“ Die Kostenpauschale 86510 ist im Behandlungsfall nicht neben den GOP 07345, 08345, 09345, 10345, 13435, 13675, 15345, 26315 und 86512 berechnungsfähig. | einmal je Behandlungsfall | 39,69 Euro |
86512 | Behandlung solider Tumore entsprechend § 1 Abs. 2 a-c unter tumorspezifischer Therapie oder Active Surveillance gemäß Vereinbarung über die qualifizierte ambulante Versorgung krebskranker Patienten „Onkologie-Vereinbarung“ Die Kostenpauschale 86512 ist im Behandlungsfall nicht neben den GOP 07345, 08345, 09345, 10345, 13435, 13675, 15345, 26315 und 86510 berechnungsfähig. Die Kostenpauschale 86512 ist nur unter Angabe der Therapieform berechnungsfähig.** | einmal je Behandlungsfall | 28,42 Euro |
86514 | Zuschlag zu den Kostenpauschalen 86510 und 86512 für die intrakavitär applizierte medikamentöse Tumortherapie gemäß Vereinbarung über die qualifizierte ambulante Versorgung krebskranker Patienten „Onkologie-Vereinbarung“
Die Kostenpauschale 86514 ist im Behandlungsfall nicht neben den GOP 07345, 08345, 09345, 10345, 13435, 13675, 15345 und 26315 berechnungsfähig. Die Kostenpauschale 86514 ist nur unter Angabe des/der verwendeten Medikaments/Medikamente berechnungsfähig. | einmal je Behandlungsfall | 25,56 Euro |
86516 | Zuschlag zu den Kostenpauschalen 86510 und 86512 für die intravasal applizierte medikamentöse Tumortherapie gemäß Vereinbarung über die qualifizierte ambulante Versorgung krebskranker Patienten „Onkologie-Vereinbarung“ Die Kostenpauschale 86516 ist im Behandlungsfall nicht neben den GOP 07345, 08345, 09345, 10345, 13435, 13675, 15345 und 26315 berechnungsfähig. Die Kostenpauschale 86516 ist nur bei Verabreichung von mindestens einem intravasal applizierten Tumortherapeutikum der ATC-Klasse L berechnungsfähig.* Die Kostenpauschale 86516 ist nur unter Angabe des/der verwendeten Medikaments/Medikamente berechnungsfähig. | einmal je Behandlungsfall | 167,52 Euro |
86518 | Zuschlag zu den Kostenpauschalen 86510 und 86512 für die Palliativversorgung gemäß Vereinbarung über die qualifizierte ambulante Versorgung krebskranker Patienten „Onkologie-Vereinbarung“ Die Kostenpauschale 86518 ist bei progredientem Verlauf der Krebserkrankung nach Abschluss einer medikamentösen Tumortherapie oder Strahlentherapie bzw. nach erfolgter Operation eines Patienten ohne Heilungschance abrechnungsfähig. Obligater Leistungsinhalt:
Die Kostenpauschale 86518 ist im Behandlungsfall nicht neben den Kostenpauschalen 86516 und 86520 berechnungsfähig. | einmal je Behandlungsfall | 167,52 Euro |
86520 | Zuschlag zu den Kostenpauschalen 86510 und 86512 für die orale medikamentöse Tumortherapie gemäß Vereinbarung über die qualifizierte ambulante Versorgung krebskranker Patienten „Onkologie-Vereinbarung“ Die Kostenpauschale 86520 umfasst endokrine Therapien im Stadium mit Fernmetastasen und/oder Behandlungen mit neuen Medikamenten (einschließlich Androgenrezeptor-Signalweg-Inhibitoren (ARPI) und selektive CYP17A1-Inhibitoren), schließt die Gespräche im Zusammenhang mit einer peroralen medikamentösen Tumortherapie ein und ist bei einer ausschließlich hormonell bzw. antihormonell wirkenden adjuvanten Therapie (ATC-Klasse L02-Endokrine Therapie) nicht berechnungsfähig. Die Kostenpauschale 86520 ist im Behandlungsfall nicht neben den Kostenpauschalen 86514, 86516 und 86518 und den Gebührenordnungspositionen 07345, 08345, 09345, 10345, 13435, 13675, 15345 und 26315 berechnungsfähig. Die Kostenpauschale 86520 ist nur unter Angabe des/der verwendeten Medikaments/Medikamente berechnungsfähig | einmal je Behandlungsfall | 83,76 Euro |
* Dies gilt auch für die intravasale Applikation eines Tumortherapeutikums im Rahmen eines bei der zuständigen Bundesoberbehörde (BfArM oder PEI) angezeigten Arzneimittel-Härtefallprogramms ("Compassionate Use"), sofern diese der Anzeige nicht widersprochen hat. Sollte ein intravasal appliziertes Tumortherapeutikum noch keinen gültigen ATC-Code tragen, muss eine zukünftige Klassifizierung unter ATC-Klasse L mindestens anzunehmen sein.
** Die Überwachungsstrategie „Active Surveillance“ ist nur beim Prostatakarzinom berechnungsfähig und erfolgt gemäß S3-Leitlinie Prostatakarzinom der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF).
Kostenpauschalen abrechnen
Ärztinnen und Ärzte können, neben den nachfolgenden Kostenpauschalen aus der Onkologie-Vereinbarung, Leistungen aus dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) abrechnen, wenn diese nicht nebeneinander ausgeschlossen sind (zum Beispiel Grundpauschalen und Besuchsleistungen).
Bei der Abrechnung dokumentieren sie die Diagnose der Tumorerkrankung mit einem endständigen ICD-Kode.
Die Abrechnung der Kostenpauschalen 86510 bis 86520 setzt die Erfüllung aller Anforderungen nach den §§ 3 bis 8 der Onkologie-Vereinbarung voraus.
Nur eine Vertragsärztin oder ein Vertragsarzt kann die Kostenpauschalen abrechnen. Dies gilt auch, wenn mehrere Vertragsärztinnen oder Vertragsärzte in die Behandlung eingebunden sind (z. B. bei Vertretung, im Notfall oder bei Mit- bzw. Weiterbehandlung). Abweichend können sie die Kostenpauschalen 86510, 86512, 86514, 86516 und 86520 bei Vorliegen voneinander unabhängiger Tumorerkrankungen mehrfach abrechnen, sofern die onkologisch qualifizierten Ärztinnen und Ärzte nicht der gleichen Fachgruppe angehören.
Erbringen sie eine Fallbesprechung im Zusammenhang mit den Kostenpauschalen 86510 und 86512 als Videofallkonferenz, rechnen sie den Zuschlag nach der GOP 01450 des EBM ab. Es gelten die Anforderungen gemäß Anlage 31b zum BMV-Ä. Die GOP 01450 kann nur die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt abrechnen, die/der die Videofallkonferenz initiiert. Dabei gilt ein Höchstwert von 40 Punkten je Vertragsarzt und je Videofallkonferenz.
Für die Abrechnung der Videosprechstunde benötigen sie zudem einen zertifizierten Videodienstanbieter. Diesen melden sie der KVH über das Formular „zertifizierten Videodienstanbieter melden".
Die medikamentöse Tumortherapie im Sinne der Kostenpauschalen 86514, 86516 und 86520 umfasst neben unspezifisch zytostatisch wirksamen Medikamenten auch endokrine Therapien im Stadium mit Fernmetastasen und/oder Behandlungen mit neuen Medikamenten (einschließlich Androgenrezeptor-Signalweg-Inhibitoren (ARPI) und selektive CYP17A1-Inhibitoren), die z. B. gezielt bestimmte Stoffwechselschritte blockieren, die für das Tumorzellwachstum wichtig sind oder Mechanismen auslösen, die Tumorzellen immunologisch angreifbar machen. Die medikamentöse Tumortherapie im Sinne der Kostenpauschalen 86514, 86516 und 86520 können sie nicht bei adjuvanten Therapien mit hormonell bzw. antihormonell wirksamen Medikamenten (ATC-Klasse L02-Endokrine Therapie) und/oder Medikamenten zur Behandlung von Knochenerkrankungen (ATC-Klasse M05) abrechnen, wenn keine weiteren tumorspezifischen Medikamente verabreicht werden.
Tumorerkrankungen im Sinne der Vereinbarung sind:
- alle malignen soliden Tumore (ICD-10-GM: C00 bis C80.-, C97!)
- intrakranielle bzw. ZNS-Neubildungen (sowohl gutartige als auch mit unsicherem oder unbekannten Verhalten; ICD-10-GM: D32.-, D33.-, D42.- und D43.-)
- bestimmte Tumore bei Kindern und Jugendlichen (ICD-10-GM: nur familiäre adenomatöse Polyposis (FAP) und erbliches nicht-polypöses kolorektales Karzinom (HNPCC) D12.6, D30.0, M72.40 bis 72.48)
- Neubildung des lymphatischen, blutbildenden Gewebes und schwere Erkrankungen der Blutbildung (ICD-10-GM: C81.- bis C96.-, D45, D46.0, D46.1, D46.2, D46.4, D46.5, D46.6, D46.7, D46.9, D47.0, D47.1, D47.2, D47.3, D47.4, D47.5, D47.7; nur Formen der Anämie mit kritischer, behandlungsbedürftiger (Pan-) Zytopenie und schwerwiegender Störung der Hämatopoese (D59.5, D61.-); nur Idiopathische thrombozytopenische Purpura und sonstige Thrombozytopenien bei chronischem Verlauf mit kritisch erniedrigten Thrombozytenwerten (D69.3, D69.4-); nur Störungen der Granulozytopoese nur bei chronischem Verlauf und dem Risiko einer vital bedrohlichen Symptomatik (D70.-, D71, D72.-))
- die Hämophagozytäre Lymphohistiozytose (ICD-10-GM: D76.1).
Tumore, die nach Operation vollständig reseziert sind und keiner weiteren tumorspezifischen Therapie und Behandlung nach § 4 bedürfen, sind von der Vereinbarung ausgeschlossen.
Ärztinnen und Ärzte entscheiden individuell je nach Patientin und Patient, Therapieform und Präparat, ob sie die Kostenpauschale 86512 abrechnen können. Sie geben bei der Abrechnung der Kostenpauschale 86512 die Therapieform an.
Sie beachten bei der Abrechnung im Rahmen einer Hormontherapie folgende Konstellationen:
- Ausschließliche Hormontherapie: Die ausschließliche Hormontherapie können sie unter gewissen Umständen als tumorspezifische Therapie im Sinne der Onkologie-Vereinbarung über die GOP 86512 abrechnen. Die Voraussetzung ist, dass eine gesicherte Diagnose eines soliden Tumors vorliegt und das verabreichte Medikament das Ziel hat, das Wachstum des Tumors zu stoppen.
Die Nachsorge beginnt in dem Fall, sobald die tumorspezifische Behandlung (Hormontherapie) abgeschlossen ist und entsprechend die Diagnosensicherheit auf „Zustand nach“ zu ändern ist. Die GOP 86512 kann dann aufgrund der fehlenden tumorspezifischen Behandlung nicht mehr berechnet werden. - Primärtherapie und parallel adjuvante Hormontherapie: Haben sie stattdessen eine Patientin oder einen Patienten mit gesicherter Diagnose eines soliden Tumors, der in der Primärtherapie eine Operation, Chemotherapie und/oder Strahlentherapie hatte, können sie die GOP 86512 so lange abrechnen, bis diese tumorspezifische Therapie abgeschlossen ist. Parallel könnte adjuvant eine Hormontherapie erfolgen (Medikament mit dem primären Ziel Rezidive vorzubeugen). Sobald jedoch die tumorspezifische Therapie endet, können sie allein für die adjuvante Hormontherapie die GOP 86512 nicht mehr abrechnen. In der Nachsorge wäre die Berechnung entsprechend ebenfalls ausgeschlossen.
- Hormontherapie als Anschlussbehandlung: In einer weiteren Konstellation kann es sein, dass ihre Patientin oder ihr Patient im Anschluss an die tumorspezifische Behandlung (wie Operation, Chemotherapie und/oder Strahlentherapie) aus Gründen wie beispielsweise Unverträglichkeit eine Hormontherapie als Therapie erhält. Wenn die gesicherte Diagnose nach wie vor vorliegt und das Medikament verwendet wird, mit dem Ziel, den soliden Tumor zu stoppen, ist die Hormontherapie erneut als tumorspezifische Behandlung zu werten. Hier können sie die 86512 während der gesamten Hormontherapie abrechnen.
Ärztinnen und Ärzte können auch die Überwachungsstrategie „Active Surveillance“ beim Prostatakarzinom über die Kostenpauschale 86512 abrechnen, wenn diese gemäß S3-Leitlinie Prostatakarzinom der AWMF erfolgt.
Watchful Waiting ist eine nicht interventionelle Strategie zur Behandlung des Prostatakarzinoms. Die Kostenpauschalen 86510 und 86512 der Onkologie-Vereinbarung sind daher bei einer Primärtherapie mit „active surveillance“ und „watchful waiting“ nicht berechnungsfähig.
Im Gegensatz zur Active Surveillance und Watchful Waiting wurde bei der Strategie „Wait-and-see“ der Primärtumor bereits entfernt und man wartet ab, ob dies schon ausreichend oder eine weitere tumorspezifische Therapie erforderlich ist. Dementsprechend berücksichtigen sie hierbei die Regelungen in § 1 Abs. 1 der Onkologie-Vereinbarung.
Sofern Ärztinnen und Ärzte die Kostenpauschalen der Onkologie-Vereinbarung im Rahmen der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) nach § 116b SGB V nach den Nrn. 9 bis 12 der Bestimmungen zum Bereich VII des EBM abrechnen, können sie die Kostenpauschalen der Onkologie-Vereinbarung bei derselben Patientin oder demselben Patienten in demselben Kalendervierteljahr bei Behandlung nach Maßgabe dieser Vereinbarung nicht abrechnen.
Sie sind abweichend erneut in demselben Kalendervierteljahr berechnungsfähig, sofern die Patientin oder der Patient entweder
- nach Maßgabe dieser Vereinbarung behandelt wurde und in demselben Kalendervierteljahr die Weiterbehandlung aufgrund derselben onkologischen Erkrankung im Rahmen der ASV nach § 116b SGB V durch ein Kernteam erfolgt, dem weder der nach Maßgabe dieser Vereinbarung behandelnde Arzt angehört noch ein anderer Arzt aus derselben Berufsausübungsgemeinschaft bzw. aus demselben Medizinischen Versorgungszentrum des nach Maßgabe dieser Vereinbarung behandelnden Arztes oder
- im Rahmen der ASV nach § 116b SGB V behandelt wurde und in demselben Kalendervierteljahr die Weiterbehandlung aufgrund derselben onkologischen Erkrankung nach Maßgabe dieser Vereinbarung durch einen Arzt erfolgt, der nicht dem Kernteam im Rahmen der ASV nach § 116b SGB V angehört bzw. der nicht derselben Berufsausübungsgemeinschaft bzw. demselben Medizinischen Versorgungszentrum zuzuordnen ist, wie ein dem Kernteam im Rahmen der ASV nach § 116b SGB V zugehöriger Arzt.
Um die Kostenpauschalen aus der Onkologie-Vereinbarung abzurechnen, benötigen Ärztinnen und Ärzte eine Genehmigung zur Teilnahme an der Onkologie-Vereinbarung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (KVH).
EBM-Begriffe verstehen
Zu speziellen Begriffen im EBM haben unsere Mitglieder immer wieder Fragen. Die KVH hat kurz und knapp in einer Übersicht zusammengefasst, was sie bedeuten.
EBM-Hotline
Kassenärztliche Vereinigung Hessen
Europa-Allee 90
60486 Frankfurt