Finanzierungsverhandlungen: Update
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
in den Fach-, aber auch den Publikumsmedien werden Sie in den letzten Tagen sicherlich wahrgenommen haben, dass am 9. August 2023 in Berlin die alljährlichen Verhandlungen über das vertragsärztliche und -psychotherapeutische Honorar für das Jahr 2024 begonnen haben. Wir möchten Sie mit diesem Schreiben kurz auf den Stand der Dinge bringen.
Das Positive zu Beginn: Der Spitzenverband der GKV hat in diesem Jahr tatsächlich keine Nullrunde gefordert, sondern bietet mit seiner ersten Offerte tatsächlich eine Erhöhung unserer Honorare um 2,1 Prozent an. Damit können wir die Rubrik „positiv“ aber auch schnell wieder schließen.
Natürlich ist klar, dass dieses „Angebot“ Lichtjahre weg ist von dem, was wir in den Praxen brauchen, um einen einigermaßen vernünftigen Praxisbetrieb aufrecht zu erhalten. Im Jahr 2022 lag die Inflationsrate bei 6,9 Prozent, im Jahr 2023 liegen wir in Deutschland bisher sogar bei 7,4 Prozent Preissteigerung. Als wäre das nicht schon Grund genug für eine längst überfällige deutliche Anhebung, liefert ein Blick auf die Kostenentwicklung von klinischem und ambulantem Bereich ein weiteres, nicht von der Hand zu weisendes Argument. Während der Orientierungswert in der ambulanten Versorgung seit dem Jahr 2013 um knapp 16 Prozent gestiegen ist, macht die vergleichbare Steigerung bei den Kliniken etwas über 36 Prozent im gleichen Zeitraum aus. Man muss kein mathematisches Genie sein um zu erkennen, dass das eine fatale Entwicklung ist, die einer dringenden Kurskorrektur bedarf.
Letztlich muss sich die Politik nun entscheiden, ob sie auch in Zukunft ambulante Versorgung haben will, denn wer sie haben will, muss sie auch angemessen bezahlen! Dass sich das Bundesgesundheitsministerium (BMG) aber nun, obwohl zu Neutralität verpflichtet, mit parteilichen Aussagen in diese „Tarifverhandlungen“ einschaltet, lässt Böses ahnen.
Vielmehr ist und wäre es Aufgabe der Politik, die Systematik und Rahmenbedingungen dafür zu ändern, wie zukünftig Honorare für die Niedergelassenen ermittelt werden sollen. Denn eine Methode, die eine solche Fehlentwicklung zulässt, ist nicht mehr vertretbar und muss durch eine nach vorne und in die Zukunft gerichtete Methode ersetzt werden. So lange es das aktuelle Prinzip der Finanzierungsverhandlungen aber noch gibt, muss die KBV versuchen, in diesen Verhandlungen das Optimum für die Niedergelassenen herauszuholen. Wir unterstützen deshalb ausdrücklich hiermit die Forderung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), den Orientierungswert für das kommende Jahr um 10,2 Prozent anzuheben.
Nur so können die aktuellen Preissteigerungen aufgefangen werden, nur so können wir unseren Angestellten in den Praxen konkurrenzfähige Gehälter zahlen, und nur so wird über kurz oder lang ambulante Versorgung noch aufrecht zu erhalten sein.
Wir informieren Sie weiter über den Fortgang der Verhandlungen und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die nächsten Wochen und Monate. Gegebenenfalls müssen wir mit flächendeckenden Protesten verdeutlichen, dass es so nicht mehr weitergeht.
Mit besten kollegialen Grüßen, Ihr
Armin Beck
stellv. Vorstandsvorsitzender
An alle Mitglieder der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen