Ärztevertreter fordern vollen Inflationsausgleich
Hohe Teuerungsraten, massiv gestiegene Energiepreise und der umkämpfte Arbeitsmarkt stellen die niedergelassene Ärzteschaft in Hessen zusehends vor existenzielle Probleme. Schon seit Jahren verzeichnet der für die vertragsärztliche Vergütung ausschlaggebende Orientierungswert (OW) nur marginale Zuwächse jeweils unterhalb der Inflationsrate, die nicht einmal mehr dazu ausreichen, um die laufenden Betriebs- und Personalkosten in den Praxen zu decken.
Um den drohenden Praxenkollaps zu verhindern, müsste der OW für 2024 um mindestens 9,3 Prozent steigen, um einen vollen Inflationsausgleich zu gewährleisten und das Gehalt der Praxismitarbeitenden auf ein auskömmliches Maß anheben zu können.
Mit dieser Forderung war die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) in die laufende Finanzierungsverhandlung gestartet, doch zeichnet sich auch nach der zweiten Verhandlungsrunde noch kein Entgegenkommen seitens der gesetzlichen Krankenkassen ab. Diese haben leider wieder einmal ein finanziell völlig unzureichendes Angebot vorgelegt. „Was die Kassen bewusst auszuklammern scheinen, ist, dass Sparmaßnahmen auf dem Rücken der Praxen am Ende zwangsläufig auch zulasten der Patientinnen und Patienten gehen. Statt also den Orientierungswert dauerhaft einfrieren zu wollen und durch eine falsch verstandene ‚Konsolidierung‘ weiter die Hand ans Fundament der medizinischen Versorgung von Millionen Bürgerinnen und Bürgern zu legen, muss ein Umdenken her und endlich erkannt werden, dass ein qualitativ hochwertiges Gesundheitssystem ohne die Vertragsärzteschaft nicht zu haben ist“, kommentieren die Vorstandsvorsitzenden der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (KVH), Frank Dastych und Armin Beck, den aktuellen Stand der Finanzierungsverhandlungen.
Laut Berechnungen des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) fehlen dem ambulanten Bereich allein in diesem Jahr 2,8 Milliarden Euro. Während die Krankenhäuser fortwährend mit immer weiteren Subventionierungen bedacht werden, verzeichnet jede Praxis damit also einen Umsatzverlust von rund 28.000 Euro. „Der herrschenden Unterfinanzierung und Benachteiligung der Praxen gegenüber den Krankenhäusern muss endlich ein Ende gemacht werden!“, mahnen die Vorstände.
Wie weit die Schere inzwischen auseinanderklafft, verdeutlicht die Entwicklung des finanziellen Spielraums der Praxen im Vergleich zum stationären Bereich. Berücksichtigt man Personalnebenkosten und Arbeitszeiten, verdienen Selbstständige in eigener Praxis heute rund 20 Prozent weniger als eine Oberärztin oder ein Oberarzt in der Klinik – eine Diskrepanz, die umso schwerer wiegt, als das Gehalt eines Oberarztes ursprünglich eine wichtige Orientierungsmarke bei der Bewertung von Leistungen im ambulanten Bereich darstellte. Und dies wohlgemerkt als untere Gehaltsgrenze. Für Frank Dastych und Armin Beck ist dies ein eindeutiges Zeichen dafür, dass das jetzige Verhandlungsprozedere nicht mehr funktioniert. „Was wir brauchen, ist eine angemessene Vergütung auf Basis einer Finanzierungssystematik, die Kostenentwicklungen nicht erst retrospektiv, nach zwei Jahren, sondern frühzeitig erfasst und damit den tatsächlichen Finanzbedarf berücksichtigt. Die vergangenen Jahre belegen, dass das Prinzip der Finanzierungsverhandlungen nicht funktioniert und die Schlechterstellung der Praxen vielmehr zementiert.Es braucht deshalb schnell ein verbindliches und langfristig angelegtes Maßnahmenpaket zur Beseitigung der seit Jahren herrschenden Unterfinanzierung und zunehmenden Benachteiligung der Praxen gegenüber dem stationären Bereich – nicht zuletzt auch als positives Signal für den Nachwuchs von Ärzten, Psychotherapeuten und Medizinfachberufen für die ambulante Versorgung unserer Bevölkerung.“

Ansprechpartner
Karl Matthias Roth
Kassenärztliche Vereinigung Hessen
Stabsstelle Kommunikation
Pressesprecher
Europa-Allee 90
60486 Frankfurt
Ansprechpartner
Alexander Kowalski
Kassenärztliche Vereinigung Hessen
Stabsstelle Kommunikation
stv. Pressesprecher
Europa-Allee 90
60486 Frankfurt